Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Mitarbeitende der Kreiskämmerei,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
der Haushalt ist jedes Jahr eine Herausforderung. Im Besonderen für Sie und Ihr Team, Herr Seefried. Aber natürlich auch für alle Abteilungen mit ihren Sachgebieten hier im Landratsamt.
Und: der Haushalt ist auch eine politische Herausforderung. Jede Fraktion wälzt, stöbert, recherchiert und löchert in vielen Sitzungen, Meetings und Treffen vor dem endgültigen Beschluss üblicherweise die Verwaltung, die Sachgebietsleiter, mit ihren Fragen, versuchen aber auch ihre Gedanken, Ideen und Verbesserungsvorschläge einzubringen.
Und in aller Regel ist es dann am Ende meistens so, dass es vielleicht mal was zu meckern gibt, man sich als Fraktion dann aber doch, in diesem Großen und Ganzen, mal etwas mehr, mal etwas weniger, wieder findet. Und die Dinge, die man gerne mitträgt und damit mitgestaltet, die Kritikpunkte auf der anderen Seite, weit überwiegen.
Letztlich will man sich ja als Fraktion mit der großen Mehrheit auch solidarisch zeigen, Teamplayer sein. Gerade auch deshalb hatten wir mit unserer Entscheidung zu diesem Haushalt und damit zu dem konkreten (politischen) Fahrplan fürs nächste Jahr – offen gestanden – ziemlich zu kämpfen.
Mit dem Ergebnis, dass wir, die Unterallgäuer Kreis-Grünen, bei all den Dingen, die wir gerne mittragen, sei es die Ertüchtigung unserer Kreiskrankenhäuser und dem damit verbunden Bekenntnis zu einem starken Klinikverbund und einer optimalen Gesundheitsversorgung, die neue Studie zur Staudenbahn, die neuen Radwegverbindungen, oder die geplante Photovoltaik hier am Gebäude des Landratsamts… bei all den positiven Inhalten – trotzdem mehrheitlich nicht hinter diesem Haushalt stehen – können.
Jetzt wird sich der Eine oder die Andere vielleicht fragen warum das so ist, denn so spektakulär Innovatives, Neues, beinhaltet dieser Haushaltsentwurf ja gar nicht. Und genau das ist der Punkt.
Denn wir sind der Meinung, dass wir uns, über die uns zugewiesenen Aufgaben hinaus, viel offener und vor allem ergebnisorientierter mit den Fragestellungen unserer Zeit befassen müssen – einen Plan erstellen müssen und unseren Landkreis, zumindest so gut als möglich, wappnen hinsichtlich dieser Wahnsinnsaufgaben vor denen wir stehen: der demographische Wandel, das Leben im Alter, Pflege, Pflegeberatung, Mobilität – der Flexibus, so wie er jetzt ist, kann aus unserer Sicht nicht das Ende der Fahnenstange sein, wenn´s darum geht ÖPNV in der Fläche, auch angesichts der Energiekrise, neu- , bzw. weiterzudenken. Und, alles überschattend: unser Umgang mit dem Klimawandel. Der Landkreis als Vorbild, aber auch der Landkreis als Leidtragender.
Zu all diesen Dingen haben wir versucht, uns mit Lösungsansätzen und Vorschlägen einzubringen – teilweise mit Unterstützung einiger Kolleginnen und Kollegen hier aus dem Rat, wofür wir uns recht herzlich bedanken – teilweise kamen auch von anderen Fraktionen wirklich gute Vorschläge. In der Summe hatten diese Vorschläge am Ende meist eines gemeinsam: sie wurden regelmäßig, mal mit kleinerem, mal mit einem bemerkenswerten Aufwand, seitens der Verwaltung wegargumentiert oder stark verwässert.
Das haben wir zu akzeptieren – auch wenn´s vielleicht weh tut – gar keine Frage, das ist auch Demokratie! Was wir allerdings nicht akzeptieren können, bei allem Gemeinschaftssinn, ist das, was der Landkreis laut Haushaltsplan im kommenden Jahr als Antwort auf den Klimawandel zu bieten hat. Bereits in unserem Haushaltsstatement im letzten Jahr haben wir dringliche Verbesserungen im Bereich Klima und Umwelt angemahnt. Bereits im letzten Jahr haben wir deutlich zum Ausdruck gebracht, dass wir nach den, ich will`s mal so sagen – selbstbewussten Ankündigungen des Landrats, von Dir, lieber Alex, auch ein konkretes Handeln erwarten.
Erlebt haben wir, dass der Landkreis, mit Ablehnung unseres Antrags „Klimaneutrale Verwaltung“ – O-Ton aus dem Kreisausschuss: „Die Klimaschutzfachstelle teilt mit: Das Geld wird nicht benötigt“ – 80.000 EUR beim Klimaschutz eingespart hat.
Ja, Sparen beim Klimaschutz klappt ganz gut. Heuer 80.000 EUR, vergangenes Jahr 60.000 EUR mit dem Ausstieg aus dem European Energy-Award. Der große Wurf in Sachen Klimaschutz, unsere Antworten auf diese immense, sich ständig verändernde, Herausforderung, lässt allerdings weiter auf sich warten.
Mit dem, was ich jetzt dann gleich sagen werde, möchten wir uns deshalb nicht nur an die Verwaltung richten, sondern auch an Sie und Euch, liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Kreistag, auch an uns selbst – wir wollen ganz sicher nicht überheblich sein, aber was machen wir beim Klimaschutz großartig anders, als in den Jahren zuvor? Wo haben wir die Ärmel hochgekrempelt und gesagt: unabhängig davon, was die anderen machen, wir packen´s richtig an – anders, viel stärker wie bisher, weil sich das Problem und die Konsequenzen ja auch ständig verändern?
Unsere Antwort, der Beschluss, den wir dazu für das kommende Jahr gefällt haben, lautet zusammengefasst:
„Die Verwaltung wird beauftragt, weiterhin darauf hinzuwirken, dass die Emissionen in den Liegenschaften gesenkt werden und zu prüfen, ob darüberhinausgehende Ideen oder Maßnahmen umgesetzt werden können.“
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn das alles ist, was uns Neues in Sachen Klimaschutz und Resilienz-Konzept für die nächsten Jahre eingefallen ist, dann darf sich bitte niemand wundern, wenn das in unserer Fraktion alles andere als Jubelstürme auslöst.
Denn das, was da auf das Unterallgäu zukommt, verlangt einen ganz anderen Umgang mit der Thematik.
Wie gesagt, wir haben auch nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen und haben auch nicht auf jede Fragestellung eine Antwort. Aber wir würden`s gerne mit Ihnen und Euch zusammen angehen und einen Plan erstellen, der den Namen auch verdient.
Ich möchte noch ein paar Sätze zur Straßenbaupolitik sagen, weil das thematisch auch in diese Richtung geht. Wir haben verstanden, dass der Landkreis seine Straßen frühestmöglich sanieren und einen Investitionsstau vermeiden möchte. Ob dieser Plan allerdings mit einer derartigen Konsequenz verfolgt werden muss, wie`s in diesem Haushalt steht, halten wir, wenn man sich manche Streckenabschnitte anschaut, die erneuert werden sollen, für fragwürdig.
Angesichts des massiven Flächenverbrauchs halten wir auch den grundsätzlichen Straßenausbau auf eine Breite von 6,50 Meter für fragwürdig. Die Fachliteratur empfiehlt selbst bei Hauptverkehrsstraßen wie Bundesstraßen eine innerörtliche Ausbaubreite ab 5,50 m. Wohlgemerkt Bundesstraßen! Eine durchschnittliche Ortsverbindungsstraße in Deutschland ist bei einer Verkehrsbelastung bis 3.000 Fahrzeuge pro Tag, ebenfalls nur 5,50 m breit. Mit dem Argument, dass sich sodann Fördermittel abgreifen lassen, bauen wir im Unterallgäu unsere sanierten Straßen grundsätzlich um einen Meter mehr, auf 6,50 aus. Natürlich mag das an manchen Stellen vielleicht sinnvoll sein. Aber doch nicht generell! Das sind pro Ausbau-Kilometer 1.000 Quadratmeter mehr.
Der Bund-Naturschutz schreibt auf seiner Homepage: „Der Flächenfraß in Bayern ist eines der größten regionalen Umweltprobleme unserer Zeit – und wird von vielen kaum wahrgenommen. Pro Tag wird in unserem Bundeslang über 10 Hektar Fläche versiegelt.“
Und wir im Unterallgäu leisten unseren Beitrag dazu, als hätten wir noch nie etwas von diesem Problem gehört.
Für fragwürdig halten wir auch die Vorgehensweise und die Argumentation, wenn`s um die Sicherheit im Straßenverkehr geht. Auf der einen Seite werden ganze Wälle abgetragen, mit dem Argument, dass dann die Sichtverhältnisse und damit die Sicherheit verbessert wird, wenn´s aber um gefährliche Einmündungen und Kreuzungen geht und sich betroffene Bürgermeister diesbezüglich an das Landratsamt wenden, wird das Totschlagsargument bemüht, das man in solchen Fällen oft hört: es handle sich dort ja nicht um einen Unfallschwerpunkt. Ich glaube, wir haben per Definition keinen einzigen Unfallschwerpunkt im Unterallgäu. Ganz sicher auch dort nicht, wo wir kostenintensiv Straßen begradigen. Und trotzdem passieren schwere, sogar tödliche Unfälle bei uns, und trotzdem haben wir verkehrlich unheimlich gefährliche Stellen bei uns. Nein, keine Unfallschwerpunkte, denn dort kracht es nicht 3 Mal in der Woche. Aber diese Stellen sind charakteristisch so beschaffen, dass wenn es dort kracht, Menschen schwer, sogar tödlich verletzt werden. Und das ist regelmäßig dann der Fall, wenn es bei einem Unfall zu einem Seitenaufprall kommt. An Kreuzungen und Einmündungen. Wir stehen deshalb voll hinter Bürgermeister Führer, der sich mit seinem diesbezüglichen Anliegen, leider vergebens an das Landratsamt gewendet hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Haushaltsrede hat heuer ein bisschen länger gedauert. Aber wir wurden ja auch darum gebeten, darzustellen, weshalb es einer deutlichen Mehrheit in unserer Fraktion nicht gelingt, sich in diesem Jahr hinter diesem Haushalt einzureihen. Auf einen weiteren Kritikpunkt, das Fehlen einer adäquaten Pflegeberatung, bin ich noch gar nicht eingegangen und möchte das auch nur kurz streifen: Auf der Homepage des Deutschen Landkreistags ist nachzulesen, dass es zu den Aufgaben eines Landkreises gehört, für attraktive Lebensbedingungen seiner Bürgerinnen und Bürger zu sorgen. Und dazu gehören aus unserer Sicht, eben auch ältere oder pflegebedürftige Menschen mit ihren Angehörigen, die Unterstützung und Beratung für einen schwierigen Lebensabschnitt brauchen.
Trotzdem möchte ich abschließend nochmals feststellen, dass es natürlich auch einige Dinge gibt, die kreispolitisch angegangen werden sollen, die wir absolut positiv finden. Und wir möchten Dir gegenüber, Herr Landrat, lieber Alex, insbesondere für zwei Dinge auch unsere Anerkennung zum Ausdruck bringen.
Das ist einmal, dass Du ganz persönlich beharrlich und konsequent an dem Projekt Staudenbahn dran bleibst und bei jedem – ich nenn´s jetzt mal Rückschlag – nach neuen Lösungswegen suchst, und das Thema „Regionalwerk“, für das wir durchaus ein Brennen bei Dir feststellen können und, auch wenn da jetzt noch, wie immer am Anfang, viele Fragen offen sind, Du hier mit unserer Unterstützung rechnen kannst. Und vielleicht, so unsere Hoffnung, kann hieraus auch ein Beitrag für den Klimaschutz konkret für unseren Landkreis entstehen.
Auch an Sie und Ihr Team herzlichen Dank, Herr Seefried. Der Haushalt steht zweifellos auf soliden Füßen und ist technisch 1a-Sahne – da hat niemand von uns Zweifel ich hab`s ja schon im Kreisausschuss gesagt.
Und abschließend auch an Euch, liebe Kolleginnen und Kollegen ein Dankeschön für die Zusammenarbeit hier im Kreistag.
Irgendjemand hat mal gesagt: Nach dem Gesetz der Schwerkraft ist es einfacher, den Mund zu öffnen als ihn zu schließen. Deshalb komm ich jetzt zum Schluß.
Danke für Eure Geduld.