Haushaltsrede 2022

Kreistagsfraktion der Grünen
am 21.3.2022

Sehr geehrter Herr Landrat,
geschätzte Kolleginnen und Kollegen,

heute darf ich Ihnen, in Vertretung unseres Fraktionsvorsitzenden Daniel Pflügl die Stellungnahme der grünen Kreistagsfraktion zum Haushalt erläutern.

Gestatten Sie vorab noch einige Worte zum aktuellen Krieg in der Ukraine. 

Der völkerrechtswidrige Überfall Russlands auf die Ukraine, das Leid der Menschen in den eingekesselten Regionen und der vielen Flüchtenden vor allem Frauen und Kinder, berührt uns alle zutiefst. 

Die Auswirkungen dieses Krieges in Europa spüren auch wir unmittelbar hier vor Ort:  

Wir organisieren geeignete Unterkünfte, Verpflegung und Betreuung für die Geflüchteten. Für die Kinder benötigen wir Kindergarten- und Schulplätze.  Zahlreiche traumatisierte Menschen benötigen psychologische Hilfe. Dies ist eine große solidarische Aufgabe.

An dieser Stelle gilt unser herzlicher Dank  der Verwaltung, den Hilfsorganisationen und den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in unserem Landkreis!

Halten wir weiterhin so großherzig zusammen und helfen diesen Menschen wo es nur geht!

Dabei dürfen wir auch diejenigen nicht aus dem Blick verlieren, die in früheren Jahren zu uns aus Kriegs- und Krisengebieten geflohen sind.

Kommen wir zurück zu unserem Haushalt:

Um es vorweg zu nehmen: wir werden dem vorgeschlagenen Haushalt zustimmen!

Unser Dank gilt dem Kämmerer Herrn Seefried, seinem Stellvertreter Herrn Pospischil und dem gesamten Team für diesen insgesamt soliden Haushalt.

Für eine nachhaltige, ökologische und soziale Zukunft sehen wir jedoch vor allem in den Bereichen KLIMA + UMWELT, MOBILITÄT sowie SOZIALES + PERSONAL dringliche Verbesserungen.

Zum Bereich KLIMA + UMWELT

Der Landkreis muss seine Klimaschutzanstrengungen massiv verstärken!

Die Abhängigkeit von Öl und Gas muss beendet werden. Nicht nur aus ökologischen Gründen, denn mit jedem Liter Benzin, jedem m³ Gas finanzieren wir anteilig Putins Krieg mit!

Der Ausbau von Sonnenenergie und Windkraft ist unsere dringlichste Aufgabe!

Wir brauchen darin deutliche Beschleunigung: auf jedem öffentlichen Dach Photovoltaikanlagen. Und natürlich auch auf den Gebäuden der Gesellschaften, an denen der Landkreis beteiligt ist. Denken wir nur an die hervorragend geeigneten Dächer der Krankenhäuser, Seniorenheime und Schulen.

Hier ist die Bilanz des Landkreises trotz vieler Ankündigungen durchaus ausbaufähig.

Das Projekt der Umsetzung von neuen Windkraftanlagen im Unterallgäu – vom früheren Landrat Weirather mit angestoßen – sollte aufgrund der weltpolitischen Entwicklungen schnellstens wiederbelebt werden. Drängen Sie, Herr Landrat in München darauf, dass die 

10 H Regelung in Bayern endlich abgeschafft wird!

Der Umweltausschuss hat sich gegen unsere Stimme von der weiteren Teilnahme am European Energy Award verabschiedet. Die vollmundige Ankündigung die dadurch eingesparten 60.000 € besser in konkrete Klimaprojekte zu stecken wurde schlicht und ergreifend nicht einmal ansatzweise umgesetzt!

Laut Auskunft der Kämmerei ist dafür im Haushalt 2022 nichts vorgesehen. Dass dieses medienwirksam angekündigte Versprechen nicht eingehalten wurde, enttäuscht uns maßlos!

Die Fahrzeugflotte des Landkreises muss komplett auf emissionsfreie Antriebe umgestellt werden. Die technischen Lösungen dafür gibt es längst. Stellen Sie sich vor: Der Dienstwagen des Landrats würde mit Strom aus der auf dem Garagendach installierten PV-Anlage angetrieben, das wäre vorbildlich und sofort technisch und wirtschaftlich realisierbar! 

Das Ziel, dass der Landkreis Unterallgäu bis 2050 100% klimaneutral sein möchte, ist nicht nur unambitioniert, sondern geht an der drängenden Realität völlig vorbei!

Wir können diese überlebenswichtige Aufgabe nicht auf die nachfolgenden Generationen abwälzen und unseren Kindern und Enkeln überlassen. 

Meine Damen und Herren,

Die Energiewende dient nicht nur dem Schutz des Klimas, sondern ist seit 24. Februar auch eine Aufgabe der nationalen SicherheitErneuerbare Energie ist Friedensenergie!   

Wir müssen uns endlich aus der Abhängigkeit von Energie aus Russland, aber auch von anderen autoritär regierten Staaten befreien!

Die Energiewende findet statt hier vor Ort, in unserem Heimatlandkreis Unterallgäu

Lassen Sie uns gemeinsam an diesem Projekt als absoluten Schwerpunkt für die nächsten Jahre arbeiten! 

Die Menschen im Landkreis können durch eine regionale Wertschöpfung nur gewinnen, wenn wir  beispielsweise mit unseren zukünftigen Energieüberschüssen die großen Städte mit versorgen. 

Zum Bereich MOBILITÄT

Lassen Sie uns forcierter und mutiger die Frage angehen, wie wir den ÖPNV und das Mobilitätsangebot im Unterallgäu insgesamt verbessern! 

Der ÖPNV muss attraktiver werden!

Öffentlicher Nahverkehr und weitere Angebote sollen eine Alternative für Menschen werden, die bislang regelmäßig ihr eigenes Auto benutzen. Der Flexibus kann und darf nicht das Ende der Fahnenstange sein, da es sich hier im Wesentlichen um ein Angebot für eine bestimmte Zielgruppe handelt. 

Der Blick über die Landkreisgrenze zeigt, wie es gehen kann:

Der LK Oberallgäu hat sich mit 18 Gemeinden zusammengetan und bearbeitet über das Projekt “Allgäu-E-Mobil” fünf Mobilitätsfelder, darunter die in Ottobeuren entwickelte Mitfahrplattform. Der dortige Landkreis hat dafür sogar die Programmierung einer App beauftragt.

Die Stadt Marktoberdorf verbessert jetzt in Kooperation mit dem LK Ostallgäu und der Firma Omobi deren Rufbussystem, so dass Buchungen spontan und ohne Vorlauf möglich sind.

Der LK Augsburg ist beim ÖPNV aus der Eigenwirtschaftlichkeit ausgestiegen, um eine attraktive Taktung anbieten zu können. Mutig, aber notwendig, wenn man tatsächlich ein attraktives ÖPNV-Angebot machen möchte, um Alternativen zum Individualverkehr anbieten zu können. 

Zur Mobilität gehört auch das Radfahren!

Während der Pandemie sind viele Menschen aufs Rad umgestiegen. Fahrradwege sollten zügig von A nach B führen und sie müssen sicher befahrbar sein. Wir vermissen im Haushalt eine klare Priorisierung des Radwegebaus!

Damit wir vorankommen, braucht es eine aktive Koordination des Landkreises mit dem Freistaat und den Kommunen. Jahrzehntelang stand das Auto im Fokus der Verkehrsplanung. Es ist das Gebot der Stunde, jetzt den nicht-motorisierten Verkehr in den Vordergrund zu rücken!

Im Bereich SOZIALES

stehen wir vor riesigen Aufgaben!

Das spiegelt sich auch in den deutlich gestiegenen Budgets im Haushalt mit einer jährlichen Steigerung von 2 Mio € wieder. 

Danke an alle Mitarbeitenden des LRAs, die sich dafür über das Pflichtprogramm hinaus mit Engagement für die Erfüllung der Aufgaben einsetzen.

Aktuell können wir in den Seniorenheimen im Landkreis nicht mehr alle Plätze zur Verfügung stellen, weil es an Fachpersonal fehlt.

An diesem Punkt, Herr Landrat, bedauern wir sehr, dass es bisher zu keinem Pflegeausbildungsverbund im Landkreis gekommen ist, für den der Landkreis – analog zu anderen Landkreisen in der Region – die anfängliche Koordination übernehmen sollte. Bedauerlicherweise sind durch das zögerliche Verhalten auch Fördermittel in Höhe von knapp 60.000 € (für diesen Verbund) verloren gegangen.

In Zeiten wie diesen, wo händeringend nach gut ausgebildeten Pflegefachkräften gesucht wird ist dies ein nur schwer zu verstehendes Versäumnis!

PAUSE

Auch in der Landkreisverwaltung ist der Personalstand sehr knapp bemessen und wir hören aus der Verwaltung, dass die Belastung der Mitarbeitenden sehr hoch ist. Da würden wir lieber beim Straßenausbau sparen als beim Personal!

Und wo wir schon beim Thema Sparen sind: Wir sind der Meinung, dass es beim sparsamen Wirtschaften durchaus noch Luft nach oben gibt:

In zwei Workshops hat man fieberhaft nach Einsparungen bei den freiwilligen Leistungen gesucht, z.B. bei den Vereinsförderungen. Gleichzeitig hat sich der Kreis aber mit seinen vielen Beteiligungen verpflichtet, Defizite von wirtschaftlich ausgerichteten Organisationen und Projekten zu übernehmen oder auf Ausschüttungen zu verzichten (Bsp. Grundstücksgesellschaft Allgäu Airport, LKWB, Sparkasse). Es ist alarmierend, dass die Beteiligungen, wenn sie einmal bestehen, nicht evaluiert und auf den Prüfstand gestellt werden in Bezug auf Kosten und Nutzen, Erfolge und Ergebnisse. Das gehört für uns zu einem verantwortungsvollen Umgang mit öffentlichen Finanzen. 

Immer wieder werden wir im Kreistag darauf hingewiesen, was Pflichtaufgaben des Landkreises sind und was nicht. 

Eine Beteiligung an der Landeplatz Mindelheim-Mattsies Gmbh oder einem Schwabenbund ist definitiv keine Pflichtaufgabe!

Und wenn man knapp bei Kasse istkann man die Kreisumlage erhöhen. Man könnte sich allerdings auch die Frage stellen, ob jedes Projekt auf der Wunschliste beibehalten oder tatsächlich sofort umgesetzt werden muss. Auch beispielweise Feierlichkeiten zum Kreisjubiläum mit 3-stelligen Gästezahlen oder ein Gutachten für die Autobahnausfahrt Memmingerberg, bei dem die Chance auf Realisierung gegen Null tendiert, passen aus unserer Sicht nicht zu einem verantwortungsvollen und vorbildlichen Umgang mit Steuermitteln! 

Wir, die Grüne Fraktion, werden dennoch, wie eingangs angekündigt,

dem vorgeschlagenen Haushalt zustimmen. 

Und uns weiter für eine Verbesserung der Bereiche KLIMA + UMWELT, MOBILITÄT sowie SOZIALES + PERSONAL stark machen.

Wir danken Ihnen, Herrn Landrat ebenso wie den Kolleginnen und Kollegen für die gute Zusammenarbeit. Wir danken den Mitarbeitenden unserer Verwaltung für Ihren großen Einsatz und nicht zuletzt den vielen Ehrenamtlichen, die unser demokratisches Gemeinwesen mit Leben füllen!

Danke für ihre Aufmerksamkeit!